Sonnenaufgangstour am Grießenkareck in Flachau
Das gleissende Sonnenlicht im Gesicht und im Kopf nur ein Gedanke: Ist das schön!
Der Tag beginnt früh. Zu früh für einen Urlaubstag, denke ich, als mein Handywecker um 3.45 Uhr klingelt. Lieber noch einmal umdrehen und weiterschlafen, sage ich mir und kuschle mich in die gemütliche Decke meines Hotelbettes. Aber dann postwendend die Ermahnung, den inneren Schweinehund zu überwinden: Du hast zugesagt, also ziehst du es auch durch. Na gut!
Eine erfrischende Dusche später stehe ich vor dem Sport- & Aktivzentrum Flachau. Dort warte ich gemeinsam mit einer kleinen Gruppe an Gleichgesinnten auf das Taxi-Shuttle. Am Horizont zeichnet sich hinter den mächtigen Gipfeln des Dachsteingebirges ein zarter Schimmer ab. Noch ist vom Sonnenaufgang nichts zu sehen. In wenigen Minuten werden wir fast tausend Höhenmeter weiter oben die Wanderung beginnen. Unser Begleiter auf diesem Abenteuer: Der Koch und Wanderführer Jakob Kaml, den man in Flachau nur als den Jaggi kennt. Er hat eine Pfanne und Brennholz im Gepäck. Wofür er die braucht, werde ich später erfahren.
Unser Shuttle bringt uns über schmale Bergstraßen bis zur Kogelalm. Hier, wo sich im Winter die Skifahrer über breite Pisten ins Tal schwingen, befindet sich im Sommer ein wunderschönes Almgebiet. Ein paar Kuhglocken und sanfter Wind, sonst ist nichts zu hören – bis auf Jaggis Lachen, der mit den anderen Frühaufstehern scherzt und zum Aufbruch drängt. Der Sonnenaufgang wartet schließlich nicht auf trödelnde Wandersleut’! Im Licht der Stirnlampe bricht sich mein Atem. Ich ziehe den Reißverschluss meiner Jacke bis unter das Kinn. Dann geht es los.
Magische Stimmung in der Morgensonne
Nach einer zwanzigminütigen Wanderung über tau-nasse Almwiesen wird der Pfad immer schmaler.
Das letzte Stück geht es steil zum Gipfel des Grießenkarecks hinauf, dem Hausberg der Flachauer mit seinem markanten “Spitz”. Schön ist es hier zu jeder Tageszeit. Aber an diesem Morgen hat der Berg etwas Magisches.
Einfach nur schön
Geschafft! Ich kraxle die letzten Meter über Felsen zum Gipfelkreuz hoch und schaue in die Ferne. Das Morgengrauen verwandelt sich langsam in ein oranges Leuchten. Die Wolken am Horizont scheinen zu brennen. Für Jaggi beginnt jetzt die eigentliche Arbeit. Auf einer kleinen, rußigen Feuerstelle bringt er Holzspäne zum Brennen und legt dann dicke Holzscheite darauf. Ich lausche dem Knistern und Knacken des Lagerfeuers, als Jaggi mir eine Tasse heißen Kaffee reicht. Was für ein Morgen!
Muas
Ein paar Minuten später steht die große, gusseiserne Pfanne auf dem Feuer und Jaggi macht sich an die Zubereitung des Frühstücks. Es gibt Muas, ein traditionelles Gericht aus der Region, das früher von Sennerinnen und Holzknechten zubereitet wurde. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Die Mischung aus Mehl, Salz, Wasser und Butterschmalz ist schnell zubereitet, schmeckt gut und gibt jede Menge Energie für den Tag. Genau was Bergsteiger brauchen, denke ich. „Ein echtes Kraftfutter“, sagt Jaggi zu uns und grinst. Bei einigen meiner Bergkameraden kommen nostalgische Gefühle hoch. „Das habe ich das letzte Mal bei meiner Oma gegessen“, erzählt mir Elisabeth, eine waschechte Flachauerin. Zum Abschluss verfeinert Jaggi das Muas mit frischen Schwarzbeeren. Ich nehme einen Teller, mache es mir zwischen zwei Felsen bequem und lasse es mir schmecken. Herrlich!
Es gibt Momente, die so besonders sind, dass sie nicht auf einen Bildschirm passen.
Nach dem Essen ist es an der Zeit, sich zurückzulehnen und einfach zu genießen. Die Sonne tritt hinter den Gipfeln von Dachstein und Lackenkogel am Horizont hervor. Gott sei Dank habe ich mich durchgerungen, heute so früh am Morgen aufzustehen – sonst hätte ich dieses Schauspiel verpasst. Rund um mich wird fleißig fotografiert. Ein paar Mal denke ich darüber nach, selbst auch das Handy aus dem Rucksack zu holen. Aber dann entscheide ich mich, lieber den Augenblick auszukosten. Es gibt Momente, die so besonders sind, dass sie nicht auf einen Bildschirm passen.
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Der Berg mein Sehnsuchtsort
Ich lehne mich zurück und muss plötzlich an den alten Song von S.T.S. denken. „Und irgendwann bleib i’ dann dort“, singt Gert Steinbäcker, während er vom Strand einer griechischen Insel dem Sonnenuntergang zusieht. Ich kann genau verstehen, was er meint, nur dass mein Sehnsuchtsort genau hier liegt, auf 1.991 Metern Seehöhe. Wer weiß, vielleicht bleibe ich irgendwann wirklich hier. Bis es soweit ist, werde ich noch ganz oft wiederkommen!